im Besitz des GIMK, ehemals im Besitz der Fürsten von Thurn und Taxis, Regensburg
Prellzungenmechanik mit Auslösung
Tonumfang: 6 Oktaven (C1-c4)
Die Dokumentation und den Nachbau dieses Flügels haben wir im Jahr 2022 begonnen.
Kurzbeschreibung des Flügels
Außen:
Korpus Nadelholz, rundum Mahagoni
furniert, Stoßwand, Hohlwand und Baßwand mit halbrunden Holzleisten, die mit
Messing belegt sind, umrahmt; Klaviaturraum mit Riegelahorn furniert, mit
schwarzer Ader umrahmt, Signatur auf Riegelahorn in längsovalem Messingrahmen;
Unterboden Fichte, Holzverlauf längs der langen Wand, vorne mit Querstück, an
dem die Kniehebel befestigt sind; Wände stehen auf dem Boden auf, der rund um
das Instrument einen Überstand bildet; drei runde, konisch nach unten
zulaufende Beine, in runden, an den Boden geleimten Holzklötzen eingedreht, mit
Messingfüßen; Deckel glatt, dreiteilig, mit angehängter Klaviaturklappe, mit
Deckelstütze; aufliegendes Notenpult mit nach oben herausschiebbarer
Notenauflage und seitlichen, herausziehbaren Kerzenständer-Tellern; doppelter
Resonanzboden verloren, Auflagen vorhanden.
Innen:
Damm Fichte mit Fenster; zwischen h0
und c1 hölzerne Stimmstockspreize zwischen Damm und Stimmstock, in
Hartholzeinlage am Damm eingelassen, über der Spreize Blindchor; Stimmstock
Buche, mit Ahorn furniert, Wirbel nach Tastenbild, durchgehend 2-chörig;
Innenkonstruktion mit A-Frame-Rasten, der von zwei am Boden verdübelten
Längsstreben und vier Querbalken - zwei Unterboden-Streben innen und zwei
Horizontal-Spreizen außen - verstärkt wird;
Resonanzboden:
Resonanzboden Fichte, parallel zur
Rückwand, an der langen Wand profilierte, geschwärzte Zierleiste; Anhangleiste
auf dem Resonanzboden, schwarz gefärbt; Berippung durch zwei Löcher im
Unterboden und durch das Dammfenster einsehbar: Hauptrippe links vom und wohl
parallel zum Steg, links von der Hauptrippe vier trapezförmige Rippen, im
rechten Winkel zur langen Wand stehend, rechts flache Fichtenholzstreifen;
Resonanzbodensteg aus einem Stück, Kurve an der Baßseite gesägt, an der
Diskantseite gebogen, rechtwinkliger Querschnitt mit abgefasten Kanten, Enden
senkrecht beschnitten, durchgehend doppelt bestiftet;
Mensur:
im Diskant von c1
bis c4 mit pythagoreischem Oktavverhältnis 2:1, dann Verkürzung.
Bezug im Baß von CC bis HH Messing, C bis c4 Eisen, nicht original.
Klaviatur:
Klaviaturrahmen Fichte, überplattet,
Erweiterung im Baß bis C1 angesetzt (ursprünglich nur bis F1 konzipiert), auf
zwei Leisten mit Rollen für die Verschiebung liegend; Wangen aufgesetzt, im
Bereich des Waagbalkens ausgesägt; Waagbalken Buche, Tastenhebel Fichte, im Baß
bis zur Spreize gerade, zum Diskant hin leicht gekröpft; Belag Elfenbein,
zweiteilig, Stirnplättchen aus Ahorn, quer-treppenförmiges Profil; Obertasten
Obstholz mit Belag aus Ebenholz, auch über die Stirnseite; keine
Tastenführungsbäckchen, Tastenführung durch Vorderstifte, Fallbegrenzung mit
Oberpolster hinten (Anschlagpolster am Tastenhinterende).
Mechanik:
Prellzungenmechanik mit
Stiefeldämpfung im Gesamtumfang; Hammerstiele aus Birnbaum oder Elsbeere, zum
Diskant länger werdend; Hammerköpfe aus Birnbaum oder Elsbeere, aufwendig
gearbeitet, ein- bis zweifach beledert (nicht original), mit Bohrung auf die
Stiele gesteckt; Achsen aus gehärtetem Eisen, in Wiener Messingkapseln geführt;
Prellzungen aus Birnbaum oder Elsbeere, mit Pergamentstreifen angehängt, mit
Messingfedern geführt, ohne Einstellvorrichtung; betuchte Hammerkopfpolster und
belederte Dämpferstühle aus Linde; Fängerleiste mit auf eindrehbaren
Drahtstiften sitzenden Einzelfängern aus Birnbaum oder Elsbeere, einfach
beledert (Leder nicht original); Dämpfung im Baß mit einfach belederten Keilen,
ab c1 mit Flachdämpfern.
Veränderungen:
Vier Kniehebel: Dämpferaufhebung,
Moderator mit einfachem Tuch (nicht original),
Verschiebung, Fagottzug mit Pergamentrolle
Weiteres:
Nummer auf dem Stimmstock im
Diskant: Z.65 (Fabrikations- oder Inventarnummer); auf dem Unterboden
Brandzeichen „TT“ mit
darüberliegender Krone, 4 aufgeklebte Etiketten mit verschiedenen Ziffern
(Inventarnummern: T 4853, 2x T 7292 und Versteigerung: St.E.17764)
Die Tiefenerweiterung geschah seinerzeit auf Kundenwunsch, um auch Harfenliteratur spielen zu können.
aus: Felix Joseph Lipowsky, Baierisches Musik-Lexikon, München 1811, S. 70
"Dulken, (Johann Ludwig), wurde zu Amsterdam den 5. August 1761 geboren, lernte in seiner Vaterstadt, und dann in Paris von seinem Vater Klaviere, Fortepiano und dergleichen Instrumente bauen, und wurde von dem Churfürsten Karl Theodor als mechanischer Klaviermacher an seinem Hofe zu München 1781 angestellt, in welcher Eigenschaft er sich noch [1811] befindet, und daselbst den 18. April 1799 die berühmte Klavierspielerin Sophie Le Brün heirathete. Dieser Künstler erwarb sich durch seine vortreffliche Fortepiano, die einen reinen, sonoren Ton haben, eine andauernde Stimmung halten, und durch einen geschickten angebrachten Mechanismus Fagote, Harfe, Harmonika &c. nachahmen, die von Friederici in Gera erfundene Bebung vortrefflich en[t]halten, usw. auch sich durch eleganten und geschmackvollen Bau auszeichnen, große Celebrität, seine Instrumente sind sehr gesucht und willkommen, und finde zahlreichen Abgang nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch in Frankreich, in der Schweiz, Italien, Rußland usw."
Durch seine Heirat mit der Pianistin Sophie Lebrun war Dulcken mit vielen bedeutenden Musikerfamilien aus dem Kreis des ehemaligen Mannheimer Orchesters in München und international direkt verwandt und verschwägert, darunter die Familen Danzi, Lebrun, Brunner, David.
"Heinrich Marchand, Louis Dulcken und das Haus Thurn und Taxis"
Margarete Madelung, 1998
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