Bestandserfassung des Originals

Koordinaten-Messsysteme

Koordinaten-Messsysteme wie der von uns eingesetzte Faro-Arm erlauben eine berührungsarme CAD-Dokumentation mit einer Toleranz von 0,08 mm.

Diese Präzision ist notwendig, da wir bei den historischen Instrumenten auf eine gegebene Substanz treffen. Es fehlen zunächst Kriterien, die eindeutig Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden. Um eine geordnete wissenschaftliche Beurteilung durchzuführen, ist es daher erforderlich, das Maß der Ungewissheit so klar wie möglich zu definieren. Die Interpretation der überlieferten Substanz wird auf dieser Informationsgrundlage erst möglich.

Koordinaten-Messarm
Koordinaten-Messarm
 

Messmikroskope

Messmikroskope wie das von uns eingesetzte Merlin 2-Achsen Video-Messmikroskop mit 0,001 mm Genauigkeit helfen, empfindliche Materialien berührungsfrei zu vermessen.

Zum Beispiel kann bei Orgelpfeifen (Zinn-Blei Legierungen) die Messung das Messobjekt selbst verändern. Berührungsfreies Messen entspricht hier denkmalpflegerischen Anforderungen in hohem Maße. Bei historischen Tasteninstrumenten wird das Messen weicher Materialien wie Leder und Tuch erst durch dieses Verfahren möglich.

Messmikroskop
Messmikroskop
 

Röntgenaufnahmen

Röntgenaufnahmen mit technischen Röntgengeräten führen zu feinen Darstellungen bis zu einer Auflösung, dass bei Holzobjekten die Jahresringe der verschiedenen Schichten deutlich sichtbar werden. Im Gegensatz zu medizinischen Röntgengeräten arbeiten technische Röntgenkameras mit wesentlich weniger Strahlungsenergie. Geringe Strahlung und lange Belichtung führen hier zu bemerkenswert detailreichen Aufnahmen, die in Verbindung mit dem Messarm auch messtechnisch auswertbar sind.

Steinflügel Röntgenaufnahme
Steinflügel Röntgenaufnahme
 

Video-Endoskope

Video-Endoskope wie die von uns eingesetzten flexiblen und starren Videoskope der Fa. Karl Storz mit 3.8, 5 oder 8 mm Durchmesser (flexibel) bzw. 1 mm bis 45 mm (Boriskop, starr) ermöglichen Einblicke in sonst Verborgenes. Darüber hinaus können Videoskope mit Lasermesspunkten zum Vermessen der Innenräume von Instrumenten mit Genauigkeiten von 0,01 mm verwendet werden. In Verbindung mit den Röntgenverfahren wird das messtechnische Erfassen innenliegender klanggestaltender Elemente berührungs- und zerstörungsfrei möglich. Das bildgebende Verfahren erlaubt über Referenzpunkte die Vermessung am Bild selbst mit geringstem Zeitaufwand.

Endoskop
Endoskop
Endoskop-Makroaufnahme
Endoskop-Makroaufnahme
 

Photographische Dokumentation

Im Rahmen  photographischer Dokumentation  mit Lichtanlage und hochauflösenden Digitalkameras (Leica, Hasselblad) werden Details und Gesamtansichten dokumentiert. Bei Aufnahmen mit Messpunkten dienen diese Bilder zum berührungsfreien, messtechnischen Erfassen der Details mit einer Genauigkeit von 0,01 mm.

 

Experimentelle Archäologie

Die im und für das Institut tätigen Fachwissenschaftler sichten Archivalien, werten diese aus und schaffen so zusammen mit der Befundsituation ein Bild der Binnengeschichte und des Kontextes eines historischen Musikinstruments.

Experimentelle Archäologie umschreibt die Annäherung an Herstellungsmethoden, deren direkte Überlieferung im Laufe der Jahrhunderte abgerissen ist. Um die Kraft der Erfindung und den Raum der freien Gestaltung eines Klangkörpers als Kulturgut zu verstehen, ist es von besonderer Bedeutung, die handwerklichen Herstellungsverfahren und -prozesse möglichst vollständig zu verstehen. Projektweise werden im Institut komplette oder wesentliche Teile stilbildender Musikinstrumente mit der konsequenten Anwendung historischer, aus den Spuren am Original erschlossener Handwerksverfahren nachgebaut. Herstellung und Funktion eines Musikinstruments sind in einem innigen Zusammenhang zu verstehen. Erst das Verstehen dieser Einheit erlaubt Einblicke in die Konstruktion, Funktion und das Erfüllen der Ausdruckssehnsucht der jeweiligen Epoche.

Überprüfung des rechten Winkels
Sägen mit der Hand

Mehr Fotos unserer Arbeit finden sie hier.

Hobeln
 

Ziel ist, das historische Musikinstrument als Quelle kultur- und technikgeschichtlicher Überlieferung besser verstehen zu lernen.

Die oben gezeigten Mittel zur Dokumentation sind Werkzeuge. Ihr Gebrauch führt zu einer Datenverfügbarkeit, die es allein dem forschenden Betrachter überlässt, welche Informationen er für sich benötigt und sich verfügbar macht. Nicht unübersichtliche Zahlenreihen sind das Ergebnis der Dokumentation, sondern verständliche, einfache zwei- oder dreidimensionale Darstellungen. Alle Messwerte können aus den Darstellungen entnommen werden. Das komplexe Instrument steht als virtueller Datenträger einem hermeneutischen Prozess zur Verfügung. Für vergleichende oder erklärende Instrumentenkunde wird so eine wissenschaftliche Basis eröffnet.

Das Erstellen dieser Datenbasis mit den vorgestellten Werkzeugen ist mit vertretbarem Zeit- und Kostenaufwand möglich. Der kunstgeschichtliche Wert historischer Instrumente ist ein Erbe, das nur durch Erkenntnis erworben werden kann. Erst der Prozess der Erkenntnis erlaubt einen verantwortungsvollen, lebendigen Umgang mit diesem Kulturgut.

© Greifenberger Institut für Musikinstrumentenkunde | info@gimk.org