Krone Krone Krone

Noordbroek, Hervormde Kerk

Erhaltungszustand:

Die Arp-Schnitger-Orgel in Noordbroek ist ein seltenes Beispiel für einen im 17. und 18. Jahrhundert gewachsenen Zustand innerhalb einer einheitlichen Orgelbautradition, der im 19. und 20. Jahrhundert kaum noch verändert worden zu sein scheint.

Die Kirche zu Noordbroek, etwa 20 km östlich der niederländischen Provinzhauptstadt Groningen, ist eine romano-gotische Kreuzkirche, die in der ersten Hälfte des 14. Jh. gebaut wurde. Bedeutend sind vor allem die reichen vorreformatorischen Freskos an Wänden und Gewölben, die u. a. die Evangelisten, die Christophorus-Legende und das Jüngste Gericht zeigen.

Arp Schnitger baute in dieser Kirche 1695–1696 (oder bis 1698, als er die letzten Zahlungen empfing) eine kleine Orgel von etwa 20 Registern (II/P). Möglicherweise verwendete er einzelne Pfeifen eines Vorgängerinstruments. Das Pedal stand hinter dem Gehäuse.
Nach dem Tod Arp Schnitgers 1719 verlegten seine Söhne offenbar aus wirtschaftlichen Gründen die Werkstatt von Hamburg nach Groningen. Albert Anthoni Hinsz (1704–1785), der ebenfalls aus Hamburg stammte, übernahm die Werkstatt 1732 bald nach dem frühen Tod Frans Caspar Schnitgers (1693–1729), dessen Witwe Hinsz heiratete. Er arbeitete 1752 und 1768 an der Orgel in Noordbroek, und erweiterte den Umfang von der Kurzen Oktave auf die Lange (chromatische) Oktave, und erneuerte die Windladen, die auch neuen Register Platz bieten sollten. Wahrscheinlich wurden die meisten Arbeiten 1768 ausgeführt, und die Orgel war nun auf 24 Register angewachsen.
Heinrich Hermann Freytag (1759–1811) prägte die letzte Erweiterung des Instruments 1809. Er war ebenfalls aus Deutschland zugewandert, und führte – zuvor in Compagnie mit dem Enkel Arp Schnitgers Frans Caspar jun. (1724–1799) – die Werkstatttradition der Schnitger in das 19. Jh. fort. Freytag verlegte das Pedal an die Seiten in hinzugefügte Pedaltürme, die mit Zwischenfeldern harmonisch an das alte Gehäuse angeschlossen wurden. Außerdem erneuerte er die Prospektpfeifen, jedoch in älterer Bauweise, wobei er geradezu historisierend vorging indem er die Labien in Form der „Eselsrücken“ ausführte.
Eine größere Reparatur, 1855 von Petrus van Oeckelen (1792–1878) ausgeführt, scheint nur geringe Veränderungen mit sich gebracht zu haben, die vor allem drei Register des Rückpositivs betrafen. In der Mitte des 20. Jahrhunderts rekonstruierten der damalige Organist Simon Graafhuis und der Orgelsachverständige Cornelius H. Edskes diese drei Register.
In dem schönen hochgotischen Raum mit seinen nur 16 m hohen Gewölben entsteht der überraschende Eindruck einer weitaus größeren Kathedralakustik, die dem mutmaßlich weitgehend authentischen Klang der Noordbroeker Orgel eine zusätzliche Dimension verleiht.

Musikbeispiel:

Johann Ludwig Krebs (1713-1780); Praeambulum und Choral "Von Gott wil ich nicht lassen" aus der"Clavier-Übung"

Praeambulum: RP Spitsfluit
Choral: Plenum; HW, RP und Pedal-alle gekoppelt

Gespielt von Harald Vogel


Disposition

A = Vor Schnitger
S = Arp Schnitger
H = Albert Anthoni Hinsz
vO = Petrus van Oeckelen
GE = Simon Graafhuis und Cornleius H. Edskes

Hoofdwerk (HW)
C-c’’’

Prestant 8’ F
Quintadena 16’ H
Holpijp 8’ S
Octaaf 4’ S
Speelfluit 4’ S
Quint 3’ A (Diskant), S (Bass)
Octaaf 2’ S
Mixtur 4-5f. S
Trompet 8’ S
Vox humana 8’ H

Rückpositiv (RP)
C–c’’’

Prestant 4’ F
Fluit douce 8’ S, H
Spitsfluit 4’ S, H
Octaaf 2’ S, vOe, E
Sesquialter 2-3f. E
Scherp III–IV E
Dulciaan 8’ H

Pedal (P)
C–d’

Prestant 8’ F
Bourdon 16’ S
Gedekt 8’ F
Octaaf 4’ S
Bazuin [Posaune] 16’ S, F
Trompet 8’ S, F
Cornet 4’ S

 

Drei Sperrventile: HW, RP, P
Tremulant

Windversorgung: Vier Spanbälge (1809).
1994 haben die Orgelbauer Winold van der Putten und Berend Veger in Zusammenarbeit mit dem nationalen Amt für Denkmalschutz (Rijksdienst voor Monumentenzorg) eine mechanische Balgtretanlage installiert innerhalb eines Projekts der Technischen Fakultät der Hanzehogeschool Groningen

Koppeln: Manualschiebekoppel, Pedalkoppel (1855)

Stimmtonhöhe: Chorton, a’ = 470 Hz

Stimmung: Ursprünglich entsprechend der Schnitgerschen Stimmpraxis wahrscheinlich mitteltönig. Spätestens 1855 dürfte aber die Umstimmung in die gleichstufige Temperatur erfolgt sein. 1984 wurde diie Orgel eingestimmt in einer modifizierten Werckmeister-Temperierung.

© Greifenberger Institut für Musikinstrumentenkunde | info@gimk.org