Johann Jacob Walter ist nicht zu verwechseln mit mehreren berühmten Namensgenossen; er stammte aus Niederösterreich und wirkte vorwiegend als Organist und Kapellmeister in Tirol, zunächst in Lana, danach über ein Jahrzehnt als Domorganist in Brixen. Von dort wechselte er 1696 als Stiftskapellmeister und Stiftskaplan an das Damenstift in Hall in Tirol und 1705 an den Dom zu Konstanz, wo er ein Jahr später verstarb.
Die Fuga seu Capriccio in d ist in einer Tiroler Orgelhandschrift überliefert, die mehrere seiner Stücke aus den Jahren zwischen 1686 und 1688 enthält, also aus seiner Amtszeit am Brixner Dom. Auch dieses Stück ist wohl jenem Zeitraum zuzurechnen.
Der Titel deutet darauf hin, dass es sich hierbei nicht um eine Fuge im strengen Sinne handelt. ln der Tat geht Walter hier mit der Fugenform stellenweise recht frei um. Das Fugenthema entstammt nicht dem traditionellen Melodienbestand des gregorianischen Chorals. Es handelt sich hierbei um eine Tonfolge, die im Barock als typische „musikalisch-rhetorische Figur' hohen Symbolwert besaß: ein „Passus duriusculus" (dt. etwa „etwas harter Gang"), eine chromatisch ausgestufte Quarte, die hier (wie meist) abwärts geführt wird. Diese Figur wurde mit Gefühlen wie Trauer, Angst und Leid assoziiert und wurde von vielen Komponisten (auch etwa im Crucifixus der Messe) immer wieder als musikalischer Baustein verwendet. Dies lässt den Schluß zu, dass diese Orgelkomposition einen ähnlich düsteren Charakter ausdrücken sollte.
Am Ende seiner Amtszeit in Weimar (1708-1717) begann Johann Sebastian Bach mit der Anlage einer Sammlung von 164 Chorälen in der Reihenfolge des Kirchenjahres, die er als Orgelbüchlein betitelte. Allerdings konnte er nur 44 davon fertig stellen. Auf der Titelseite gibt er folgenden Hinweis:
Worinne einem anfahenden Organisten
Anleitung gegeben wird, auff allerhand
Arth einen Choral durchzuführen, an-
Bey auch sich im Pedal studio zu habi-
Litieren, indem in solchen darinne
Befindlichen Choralen das Pedal
Gantz obligat tractiret wird.
Er signiert das Titelblatt bereits als Kapellmeister (magister capelle) in Köthen.
Die Art der Notation, wie sie bei Nun komm, der Heiden Heiland zu sehen ist, darf als typisch für Bachs Aufzeichnungen von Orgelmusik gelten. Er verwendet die reguläre Schrift mit Notenzeichen auf zwei Systemen als Standard, also ohne eigene Zeile für das Pedal. Trotzdem sind die mit den Füßen zu spielenden Töne leicht zu erkennen, oder – falls nötig – extra gekennzeichnet.
Bei diesem Choralvorspiel hat Bach während der Niederschrift offenbar noch Veränderungen vorgenommen. So erkennt man an einer Stelle Ausstreichungen. Da sich eine Korrektur nicht mehr in Noten eintragen ließ, bediente sich Bach der alten Buchstaben-Schreibweise, der Tabulatur, um das nunmehr Gemeinte festzulegen.
Im Jahr 1690 publizierte Couperin eine mit dem Titel Pieces d'orgue versehene Sammlung. Mit seinen damals 21 Jahren konnte sich der junge Komponist sogleich einen festen Platz in der Reihe der großen französischen Orgelmeister sichern.
Der Druck besteht aus zwei sogenannten Orgelmessen. Dabei sollen die Teile des Ordinarium Missae abwechselnd von Orgel und Choral vorgetragen werden. So ist etwa das Kyrie der Gemeindemesse ("pour les paroisses") über der Choralmelodie des Kyrie cunctipotens aufgebaut. Die Konventmesse (,,à l'usage des couvents") verzichtet dagegen auf einen Cantus firmus, der aus dem traditionellen Gregorianischen Choral genommen wäre. Sie eignet sich dagegen auch von den Tonarten her sehr im Alternatim-Einsatz zu neuen Melodien, wie sie im Frankreich des 17. Jahrhunderts häufiger geschaffen worden waren (etwa dem Graduale romanomonasticum von 1658).
ln der französischen Orgelmusik war es vielfach Usus, bei den Kompositionen die gewünschte Registrierung mit anzugeben. Damit wurde die durch charakteristische Stimmen hervorgebrachte Klangfarbe zum Bestandteil der musikalischen Schöpfungen. Solche Register-Angaben können solistische Bezeichnungen enthalten, die bei den Zungenregistern meist das Cromorne oder die Voix humaine, aber auch die Trompette betreffen. Labialregister werden dagegen gerne kombiniert, wobei der im Verbund mit anderen Flöten gespielten Tierce wie auch dem Cornet eine besondere Bedeutung zukommt.
Das prinzipalische Mixturenplenum erscheint als Plein jeu. Die kräftigste Registerkombination aber erklang als Grand jeux. Dabei werden alle Zungenregister von Hauptwerk und Positif gezogen und im Wechsel gegeneinander gespielt, also etwa Trompette 8' und Clairon 4' des Hauptwerks als Pendant zu den räumlich getrennt aufgestellten Trompette 8', Cromorne 8' und Clairon 4' des Positifs. Dazu kommt jeweils noch die Tierce 1 3/5'.
Sebastián Aguilera de Heredia war als Nachfolger seines eigenen Lehrers Juan Ortíz von 1603 bis zu seinem Tod 1627 erster Organist an der Kathedrale „La Seo“ in Zaragoza. Ihm folgte mit Juan Ximénez wiederum ein eigener Schüler. Auf Aguilera gehen zahlreiche Neuerungen in der iberischen Orgelmusik zurück. Dazu gehört die Registerteilung, die medio registro genannt wird. Dabei kann für die rechte und für die linke Hand eine jeweils andere Registrierung eingestellt werden, so dass solistische Klangfarben möglich werden. Diese Technik wird im Salve de primer tono nicht verwendet, dagegen enthält die Komposition zwei andere Methoden, die sogenannten Falsas und interessante rhythmische Varianten. Außerdem zeigt sie sehr schön die Verbindung einer liturgischen Melodie mit instrumentaler Virtuosität.
Franz Xaver Murschhauser (1663-1738) erhielt seine musikalische Ausbildung in München bei Johann Kaspar Kerll. Von 1691 bis zu seinem Tod war er Kapellmeister der Frauenkirche in München. Seine 1696 gedruckte Sammlung Octi-tonium novum organicum enthält durch Praeludium und Finale eingeschlossene fugierte Versetten-Zyklen in den acht Kirchentönen, alternativ zu Psalmen und Magnificat zu spielen, wie sie in der süddeutschen Kirchenmusik der Zeit üblich waren. Seine "Aria variata" über das Weihnachtslied "Lasst uns das Kindlein wiegen" gehört in die Liturgie der Christmette und wurde während des Brauchs, das Christkind durch die Reihen der Gläubigen bis zur Weihnachtskrippe weiterzureichen, gespielt.
Die Tradition pflegten auch die Musikverleger. So brachte in Augsburg Lorenz Kröniger mit Johann Kaspar Kerlls Modulatio organica 1686 und Johann Speths Ars magna Consoni et Dissoni 1693 zwei wichtige Sammlungen mit Orgelmusik heraus. Auf diese liturgischen Kompositionen, die sich den römisch-katholischen Richtlinien (etwa Andrea Piscara Castaldo oder Michel Bauldry) verpflichtet fühlen, schließt sich Murschhausers Publikation an.
Auch das spätere Prototypon longo-breve ist als Musik für den Gottesdienst gedacht. Es erschien in zwei Teilen 1703 und 1707 und umfasst Vor- und Nachspiele, die bei Figuralmusik verwendbar sind.
Zum Verständnis von Murschhausers Kompositionen tragen seine theoretischen Werke bei. Darin wird etwa bei der Praxis des liturgischen Orgelspiels die Notwendigkeit der Übereinstimmung von Orgelversetten mit der Tonart von Psalmen oder Magnificat erläutert. Die Hohe Schul der Musicalischen Composition plante Murschhauser 1721 sogar als zweibändige Publikation. Nach einer vernichtenden Kritik in Johann Matthesons Critica Musica von 1722 nahm er allerdings Abstand von diesem Vorhaben.
Das Präludium in e-Moll von Nicolaus Bruhns (1665-1697) ist wohl das beste Beispiel für eine Orgelkomposition im sogenannten Stylus phantasticus, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Norddeutschland heimisch geworden war.
Johann Mattheson schreibt darüber in seinem Buch Der vollkommene Kapellmeister 1739,
„dass dieser fantastische Styl seinen Sitz in den Schauspielen hat; [...] indem ihn nichts hindert, auch in der Kirche und in den Zimmern sich hören zu lassen. [...] Was wollten doch die Herren Organisten anfangen, wenn sie nicht aus eignem Sinn in ihren Vor= und Nachspielen fantasiren könnten? Es würde ja lauter höltzernes, auswendig= gelerntes und steiffes Zeug herauskommen. […] Denn dieser Styl ist die allerfreieste und ungebundenste Setz= Sing= und Spiel=Art, die man nur erdencken kann, da man bald auf diese bald auf jene Einfälle geräth […] da allerhand sonst ungewöhnliche Gänge, versteckte Zierrathen, sinnreiche Drehungen und Verbrämungen hervorgebracht werden, […] bald hurtig bald zögernd; bald ein= bald vielstimmig; bald auch auf eine kurtze Zeit nach dem Tact; ohne Klang=Maasse; doch nicht ohne Absicht zu gefallen, zu übereilen und in Verwunderung zu setzen."
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