Orgelflügel von Joseph Böhm,
Wien vor 1830

Einer der wenigen erhaltenen Hammerflügel, die über ein Orgelregister verfügen. Das überblasende Flötenregister verleiht dem Klang des Flügels eine zauberhafte Anmutung. Mit den anderen Klangveränderungen dieses Instruments, Janitscharen, Fagott, Moderator und Dämpferhebung, standen dem Musiker Klangpotentiale zur Verfügung, die dem Vortrag zum Beispiel von Variationen oder Tongemälden besondere Dimensionen hinzugefügt haben. Dazu kommt je ein Pedal zur Betätigung der Balganlage sowie zum Spiel des Orgelregisters allein bzw. mit dem Pianoforte.

Wann Böhm begonnen hat, derartige Hammerflügel mit einem zusätzlichen Orgelregister herzustellen, ist nicht genau bekannt. Ein erster Hinweis erschien 1823 in der "Darstellung des Fabriks- und Gewerbswesens im österreichischen Kaiserstaate" 1823, S. 197/8.

In Aufbau und Mechanik ist das Instrument außerordentlich kunstfertig gearbeitet. Joseph Böhm zeigt hier sein handwerkliches Können und seine gestalterische Kraft im Klangraum. Das Instrument ist für die Musikforschung auch deshalb von Bedeutung, weil die Orgelpfeifen einen eindeutigen Stimmton vorgeben. Mehr

Die historische Stimmanleitung zu diesem Instrument in italienischer Sprache lässt vermuten, es dürfte ursprünglich für einen Auftraggeber in den italienischsprachigen Kronländern der k.k. Monarchie angefertigt worden sein. Da jedoch das Instrument heute einer Stimmung auf diesen historisch determinierten Stimmton von 432 Hz statisch nicht mehr standhält, lag eine besondere Aufgabe darin, einen Satz neuer Orgelpfeifen nach den alten Mensuren auf tieferem Stimmton herzustellen, damit das Instrument mit seinen besonderen Klangmöglichkeiten erneut erfahren werden kann.


Musikalische Interpretation wird in hohem Maße vom Klangmittel bestimmt. Klangvariationen, wie sie dieser Flügel zulässt, bergen eine Fülle von Ausdrucksmöglichkeiten, die anders kaum zu erschließen sind. Dabei ist der handwerkliche Aufbau des Instrumentes ebenso von Bedeutung wie der musikkulturelle Kontext, in dem Musikinstrumente wie dieses ihre Wirkungen entfaltet haben.

 
 
 
 

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