Das bundfreie Clavichord

Bundfreies Clavichord, Haydn-Haus Wien

Bundfreies Clavichord, Ferdinand Hoffmann, Wien ca. 1785-95;
Wien, Haydn-Museum (aus dem Besitz von Johannes Brahms)

Dies ist ein relativ spätes Instrument und ein typisches Beispiel für die schon vergleichsweise “großformatigen“ Clavichorde jener Epoche. In direkter Konkurrenz zum Tafelklavier hatte das Clavichord noch nach 1800 seine Liebhaber, die den unmittelbaren Anschlag des Clavichords schätzten.


 

Musikbeispiel:
Ausschnitt aus Joseph Haydn, Moderato c-moll Hob. XVI:20 (Fragment)
gespiel von Christine Schornsheim
Instrument: Burkhard Zander, Kopie eines bundfreien Clavichords von J.G. Horn 1788

Der Begriff „bundfreies Clavichord” ist als Gegensatz zum „gebundenen Clavichord” zu verstehen und besagt, daß jeder Ton/jede Taste einen eigenen Saitenchor besitzt, also nicht mehrere Töne an einen Saitenchor „gebunden“ sind. Das bundfreie Clavichord hat seine Blütezeit im 18. Jahrhundert, es ist in jener Zeit zumindest in Mittel- und Nordeuropa bis zum allmählichen Aufkommen des Tafelklaviers das klassische Hausinstrument und ein geradezu unentbehrliches „Werkzeug“ für alle, die von Berufs wegen mit Musik befaßt waren; so ist von den meisten Komponisten dieser Zeit bekannt, daß sie an und mit dem Clavichord komponierten.

Das hier zu sehende Instrument ist ein durchaus typisches Beispiel: es wurde von Ferdinand Hofmann in Wien zwischen 1785 und 1795 gebaut und gehörte wahrscheinlich Johann Elßler, Haydns Diener und Kopist, und angeblich für einige Zeit Joseph Haydn selbst; später befand es sich im Besitz von Johannes Brahms. Es ist ein relatives spätes Beispiel, doch wurden vereinzelt noch nach 1800 Clavichorde gebaut und benutzt.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts versuchten einige deutsche Instrumentenbauer, das Tonvolumen des Clavichords zu vergrößern, indem zunächst das Instrument selbst auf annähernd das doppelte Ausmaß vergrößert wurde; die Familie Hass in Hamburg brachte sodann im Baßregister einen zusätzlichen 4’-Saitenchor an, während Friderici in Gera mit übersponnenen Saiten experimentierte; Gottfried Silbermann schließlich baute ein Instrument, dessen Saiten die doppelte Länge hatten wie üblich und die genau in der Mitte angeschlagen wurden, so daß die Saite zu beiden Seiten der Tangente schwingen konnte. Er nannte sein Instrument irreführenderweise „Cembal d’amour“.

Mit diesen baulichen Veränderungen waren Clavichorde immerhin in Kombination mit leisen Instrumenten wie Querflöte oder einem Streichinstrument mit Dämpfer begrenzt „kammermusiktauglich“ und konnten so mit frühen Tafelklavieren oder kleineren Spinetten durchaus in der Lautstärke mithalten. Es war jedoch eine Grenze erreicht, die nicht mehr zu steigern war, während Pianofortes im Laufe der Jahrzehnte um und nach 1800 immer noch lauter und fülliger im Klang wurden und auf diesem Weg allmählich das Clavichord aus seinem angestammten Gebrauchsfeld in Innenräumen verdrängten.


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