Für den Bau von Pfeifen sind zwei Materialgruppen ausschlaggebend: Metall und Holz. Metallpfeifen werden aus gegossenen Blechen geformt, die die Orgelbauer in der Regel selbst herstellten; die Pfeifen bekommen dann einen runden Querschnitt. Holzpfeifen besitzen dagegen meist einen viereckigen (quadratischen oder rechteckigen) Querschnitt, da sie aus einzelnen Brettern zusammengefügt werden. Nur sehr kleine Holzpfeifen wurden hie und da nach der Manier der Holzblasinstrumentenbauer gedrechselt und entsprechend rund geformt – dies blieb jedoch immer Ausnahme und Ausweis eines besonderen Aufwandes. Solche kleinen Holzpfeifen haben zudem den Ruf, sich leicht zu verstimmen, daher wird dafür meist lieber Metall verwendet. Sehr große Orgelpfeifen werden dagegen in der Regel aus Holz gebaut, da diese Pfeifen Wandstärken erfordern, die aus Metall kaum noch herzustellen sind.
Das für Pfeifen ausgewählte Holz – Eiche, Buche, Ahorn, gelegentlich Obsthölzer, unter den Nadelhölzern Tanne, Fichte oder Kiefer – soll vor allem resistent gegen Holzwurmbefall sein und wenig empfindlich gegen Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen. Ast- und Harzfreiheit war ebenfalls wichtig. Je nach Größe der Pfeifen wählt man Hölzer, die auch entsprechend gut zu bearbeiten sind – für die tiefen Pfeifen eines Pedalregisters ist es ratsam, eher zu weicheren Holzarten zu greifen als etwa zu dem in solchen Dimensionen sehr teuren und zudem schwer zu bearbeitenden Eichenholz. Im Klang der Pfeifen sind Unterschiede zwischen den einzelnen Holzarten kaum hörbar. Die Wahl der teureren und härteren Laubhölzer geschieht daher weniger des Klanges wegen als um ihrer längeren Haltbarkeit und Beständigkeit gegenüber schädlichen äußeren Einflüssen willen.
Generell galt der Klang metallener Pfeifen als obertonreicher, strahlender und tragfähiger, der von Holzpfeifen dagegen als grundtöniger, dunkler und weicher. Doch wird der Einfluß des Materials meist überschätzt, denn für die Klanggebung der einzelnen Pfeifen haben eine Vielzahl von Faktoren Bedeutung, angefangen von der Dimensionierung des Pfeifenaufschnitts (Höhe und Breite des Labialfensters, Verlauf der Labialkante und der Kernspalte), die individuelle Pfeifenmensur, der Windzustrom, die Stellung innerhalb des Instruments usw. usw. Traditionell wurden gewisse Register von eher dunklem Klangcharakter wie Subbaß oder Bourdon sowie einige Flötenregister wie Flauto traverso aus Holz gefertigt. In einigen Orgelbautraditionen war es zudem üblich, neben dem üblichen Prospektprinzipal 8’ ein weiteres innen stehendes Holzprinzipalregister 8’ (z.B. das Register „Portun“ 8’ in Österreich) als Klangvariante zu disponieren.
Doch bei Metallpfeifen ergeben sich jedoch durchaus gewisse Unterschiede - darunter auch im Klang - zwischen den gewählten Rohstoffen. Vor allem handelt es sich hierbei um Legierungen von Zinn und Blei in verschiedener Zusammensetzung; hinzu kommen noch andere Metalle wie Eisen, Kupfer, Antimon, Arsen, Wismut oder Wolfram in manchmal kaum meßbaren Anteilen. In der Regel handelt es sich bei diesen Spurenelementen um Verunreinigungen der Ausgangsstoffe, vor allem der Zinnerze, unerwünscht, aber kaum restlos bei der Verhüttung zu entfernen. Lediglich das Antimon wurde manchmal bewußt zugesetzt, um Pfeifen mit hohem Bleianteil im Metall zu verfestigen.
Traditionell maßen die Orgelbauer das Verhältnis zwischen den Ausgangsmetallen Zinn und Blei in „Lot“ zu 16 Teilen. Sechzehnlötiges, also reines Zinn wird allenfalls bei Prospektpfeifen verwendet und nur in besonderen Fällen, vierzehnlötiges Zinn, eine der häufigsten Legierungen mit hohem Zinnanteil, besteht aus 14 Teilen Zinn und 2 Teilen Blei; das „Probzinn“ ist zwölflötig (75% Zinn zu 25 % Blei). Ein geringer Bleianteil ist prinzipiell durchaus erwünscht, da dies die Bearbeitung des Metalls erleichtert. Wenn die Orgelbauer scheinbar neutral von „Metall“ als Pfeifenmaterial sprechen, ist damit eine geringerlötige Legierung mit nur geringfügig höheren oder annähernd gleichen Zinn- gegenüber Bleianteilen (später auch „Naturguß“ genannt) gemeint. Ist der Zinnanteil noch erheblich geringer, nannten die Orgelbauer das Material „Blei;“ doch sind auch reine Bleipfeifen eher selten, da das Material unlegiert zu weich ausfällt und sich größere Pfeifen unter dem eigenen Gewicht verformen – mit allerhand unangenehmen Begleiterscheinungen. Die Klangunterschiede zwischen „Zinn“ (16- bis 12lötig), „Metall“ (etwa 11- bis etwa 8lötig), und „Blei“ (Zinnanteil unter 50%) ähneln denen zwischen metallenen und hölzernen Pfeifen: je höher der Zinnanteil, umso obertöniger, je geringer, umso grundtöniger fällt der Klangcharakter aus. Daher sollten Register, bei denen möglichst kräftige Obertöne erwünscht waren (etwa tiefere Prinzipale oder Streicher) aus Zinn, solche mit vergleichsweise schwächeren Obertönen (hohe Prinzipale, Aliquoten, Rohrflöte) aus „Metall“ und grundtönige Register (weite Flötenstimmen) aus Blei gefertigt werden.
In der Regel kommen in einer Orgel sowohl metallene als auch hölzerne Pfeifen vor. Manche Register werden „kunstgerecht“ nur aus bestimmten Materialien hergestellt, wie eben Prospektpfeifen aus Zinn. Jedoch versuchten Orgelbauer über die Jahrhunderte immer wieder, an den Materialien zu sparen, manchmal auf Druck der Auftraggeber, um etwa die Gesamtkosten niedrig zu halten, manchmal aber auch mit weniger ehrenhaften Motiven. Handbücher für Orgelgutachter sind denn auch sehr ausführlich in ihren Beschreibungen für Materialproben – wie etwa die Beobachtung zeigt, daß eine Orgelpfeife von 15 % Bleianteil auf einem weißen Blatt Papier noch keinen, aber eine mit 21,5 % Bleianteil „bereits einen zarten grauen Strich am Papiere hinterläßt.“ (Walther Edmund Ehrenhofer, Taschenbuch des Orgelbau-Revisors, Wien 1908, S. 172). Aus der Not, sich vor allem für die tiefsten Pfeifen im Prospekt das teure Zinn nicht leisten zu können, entstand manche dekorative Tugend. So wurde es in manchen Ländern, etwa in England oder in Spanien und Lateinamerika, üblich, Prospektpfeifen farbig zu bemalen. Andere Lösungen waren gelegentlich weniger erfolgreich: Orgeln mit verzinnten Holzpfeifen im Prospekt, wie die Orgeln in Basedow oder in Maihingen im Ries, zeigen, daß die optische Kaschierung durch Zinnfolie nicht von Dauer war.
Orgeln, die nur Pfeifen aus Metall oder nur aus Holz besaßen, waren dagegen immer seltene Ausnahmefälle (außer bei Kleinorgeln mit nur wenigen Registern): Die in Italien entstandene Orgel der Silbernen Kapelle in Innsbruck oder die Orgel von Schloß Frederiksborg von Esaias Compenius, beide um 1600 entstanden, beide ausschließlich mit hölzernen Pfeifen, wurden über die Jahrhunderte viel bewundert, ebenso wie die Große Festorgel des Stifts Klosterneuburg bei Wien von Johann Freundt mit ausschließlich metallenen Pfeifen. Doch das Staunen der Nachwelt begründete sich auch aus der Lösung von scheinbar nicht zu bewältigenden Problemen, den Klang üblicherweise metallener Register mit hölzernen Pfeifen zu erzielen und umgekehrt. Der dabei notwendige Aufwand lud nicht zur Nachahmung ein, und so blieben diese Instrumente das, was sie immer sein sollten: einzigartige Meisterleistungen.
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