Hammerflügel im Empire-Stil
Tonumfang:
6 Oktaven, 73 Tasten (F1-f4)
4 Pedale (v.l.n.r.): Fagott, Verschiebung, Dämpferhebung, Moderator
Signatur:
"Gregor Deiß // Bürg: Orgel- // und Instrumentenmacher // in München"
Mechanik:
Prellzungenmechanik
Klangbeispiel hier
Beim vorliegenden Instrument handelt es sich um einen sogenannten "liegenden Flügel" mit einer mit Ebenholz belegten Tastatur und einem mit ausdrucksstarkem Wurzelholz von Nussbaum und Erle furnierten Korpus. Die ebenfalls mit Wurzelholz furnierten Beine besitzen geschnitzte und vergoldete Frauenköpfe (Karyatiden) im Empire-Stil, am unteren Ende befinden sich Rollen aus Horn. Das Notenpult besteht aus einer doppelten, höhenverstellbaren Rahmenkonstruktion und lässt sich in seinem Neigungswinkel und seiner Höhe verstellen. Die seitlichen Auflagen lassen sich für die Kerzenbeleuchtung herausziehen. Die vier hölzernen Pedale sind in einer aufwendig geschnitzten und vergoldeten Lyra mit Greifenköpfen aufgehängt und die Drähte der Aufhängung bestehen aus Eisen, welches mit vergoldetem Kupfer umsponnen ist.
Die repräsentative und kostspielige Ausstattung lässt auf eine Anfertigung für einen Kunden aus einer gehobenen Gesellschaftsschicht schließen, welche nachweislich zum Kundenkreis Gregor Deiß' gehörte. Noch heute befindet sich im Schloß Hohenschwangau und in der Münchner Residenz je ein aufrechtstehender Flügel aus seiner Werkstatt. Durch eine zeitgenössische Abbildung von 1820 ist bekannt, dass in der Münchner Residenz, im Thronzimmer der Königin Caroline, zwei liegende Flügel vorhanden waren (obwohl Deiß nicht Hoflieferant, sondern "nur" "Bürgerlicher" Klavierbauer war). Diese zeigen ein mit dem Instrument unserer Sammlung sehr ähnliches, aber nicht völlig übereinstimmendes Design.
Gregor Deiß (vermutlich um 1764 - 1849) erblickte in Hagenau im Elsaß das
Licht der Welt und erlernte vorerst das Kistlerhandwerk. Nach einer
10jährigen Wanderzeit als Geselle kam er 1796 nach München und fand eine
Stelle beim Orgelbauer Andreas Grünerdt. Hier arbeitete er sich in den
Instrumentenbau ein und unterstützte nach dem Tod seines Arbeitgebers
1798 dessen Witwe Monika Grünerdt. Nach einer fast ein Jahr dauernden
Auseinandersetzung mit der Kistlerzunft und den städtischen Behörden
konnten sie schließlich 1799 heiraten. Mit dieser Heirat erwarb Gregor
Deiß das Münchner Bürgerrecht und Grünerdts Gerechtigkeit zum Orgel- und
Klavierbauer.
Neben Gregor Deiß waren in München noch Louis Dulcken (seit 1785 Hofklavierbauer) und die beiden bürgerlichen Orgel- und Klavierbauer Franz Frosch und Ferdinand Sailer tätig. Trotz eines schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes in Folge politischer Umwälzungen und der ausländischen Konkurrenz auf dem umkämpften Klaviermarkt konnten Gregor Deiß und seine Frau 1810 und auch in den folgenden Jahren Häuser erwerben, was auf eine gut laufende Geschäftstätigkeit schließen lässt. Deiß baute und reparierte im Münchner Umfeld nicht nur Orgeln, sondern stellte alle gängigen Arten von Saitenklavieren her. Diese waren laut des Kunst- und Gewerbeblatts von 1821:
"aufrechtstehende Flügel mit 6 1/2 Oktaven, weiß elfenbeinerner Tastatur, fünf Veränderungen als: forte, piano, Fagot, Clavier-Verschiebung, und türkische Musik und Kasten von sehr schönem Ahorn-Maser
liegende(...) Flügel mit nämlichen Tastatur und Veränderungen wie obiger, der Kasten von Kirschbaumholz"
Forte-Piano, sehr schön gearbeitet, der Kasten von Kirschbaumholz
Querflügel von 6 Oktaven mit 4 Veränderungen, weisser Tastatur und Kasten von Kirschbaumholz in Acajou Manier (S. 341)"
Zeitgenossen von Gregor Deiß lobten bei seinen Instrumenten die "Dauerhaftigkeit des Körperbaues, Sorgfalt und Zierlichkeit in Form und der Ausführung, Stärke, Gleichheit und Weichheit des Tons, Anordnung und Präcision der mancherley Veränderungen und vor allem, die Leichtigkeit der Behandlung".
(Informationen und Zitate aus: J. Focht und S. Berdux: Der Münchner Klavierbauer Gregor Deiß. Ein Hammerflügel um 1815, Greifenberg 1995)
Maße:
LxBxH: 2200 x 1162 x 900 mm
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